BaZ hat geschrieben:Die Basler Optionen im Abstiegsfall
WIE GEHT ES WEITER, WENN SICH DER EHC BASEL GEGEN BIEL EINE VIERTE NIEDERLAGE LEISTET?
Mit 0:3 liegen die Basler Noch-NLA-Eishockeyaner in der Ligaqualifikationsserie (best of 7) gegen den NLB-Meister zurück. Bereits mit der heutigen vierten Partie in Biel (19.45 Uhr, Eisstadion) könnte der EHC also absteigen. Die Frage ist allerdings, wohin?
Geknickt. Schleicht der EHC noch einmal vom Eis, ist die Zukunft des Clubs ungewiss. Foto Keystone
Oliver Gut, REMO MEISTER
«Klar ist nur, dass die Juniorenbewegung weiterexistieren muss.» Michael Geiger, Verwaltungsratspräsident der EHC Basel AG, wusste nach der dritten Niederlage im dritten Ligaqualifikationsspiel gegen den EHC Biel noch nicht, was die Zukunft den Baslern im Falle des sich abzeichnenden Abstiegs bringt. Viele Fragen sind bis jetzt nicht abschliessend zu beantworten – allen voran jene nach dem finanziellen Rahmen. Mäzen Rudolf Maag sagte vor einem Jahr, dass er sich im Falle eines damaligen Abstiegs zurückgezogen hätte. Es ist zwar stark anzunehmen, dass der potenteste Basler Geldgeber seine Meinung nicht revidiert hat – eine klare, aktuelle Aussage ist bislang aber weder von ihm noch vom EHC Basel zu diesem Thema zu erhalten. Ebenfalls unklar ist, ob und wie die noch jungen Gönnervereinigungen den Club unterstützen würden. Selbiges gilt für Sponsoren, von denen gestern die Bank Baumann bekannt gab, dass sie ihr 1,5-Millionen-Franken-Engagement beenden würde. Deshalb gibt es per heute viele Optionen, die beim EHC Basel nach einem Abstieg in Frage kämen:
1. Ein neuer Anlauf
Als der EHC Basel 2004 letztmals aus der NLA in die NLB abstieg, hielt er – gestützt von Mäzen Maag – an seiner Strategie fest. Der damalige Sportdirektor Ueli Schwarz hatte vorgespurt, der EHC stieg ein Jahr später wieder auf. Bliebe Maag nun wider Erwarten an Bord (und machen die Sponsoren mit), wäre ein neuerlicher Anlauf und damit das Fortbestehen des Eishockey-Projekts denkbar. Allerdings wären dazu auch die entsprechenden Spieler nötig – Beat Kaufmann, operativer Leiter des EHC Basel, müsste sich also rasch mit dem Gros des bisherigen Kaders über die Zukunft verständigen.
2. Abwarten und Mitspielen
Weit wahrscheinlicher ist, dass Maag und andere Geldgeber sich zurückziehen und der EHC seine Ambitionen ad acta legen muss. Die naheliegendste Option ist dann der Verbleib in der NLB. Um einen soliden Betrieb zu gewährleisten, wäre ein Budget von zwei Millionen Franken nötig. Die Führungsspieler müssten aus dem aktuellen Kader stammen, das Gros sich entweder aus NLB-Restposten oder aus nationalen Talenten rekrutieren. Eine junge Equipe wäre wohl auch die Chance zum interessanten Neuanfang, der von Goodwill begleitet würde.
3. Alles Amateure
Ist die NLB nicht finanzierbar, bleibt der Gang in die Amateurliga. Dieser kann durch den totalen Rückzug der AG geschehen, womit die Elite-B-Equipe in den Basisverein EHC Basel-Kleinhüningen zurückgegliedert und fortan nur noch Zweitliga gespielt würde. Oder er kann via Antrag auf Aufnahme in die 1. Liga erfolgen: Dazu sind gesunde Strukturen und ein Budget ab 300 000 Franken nötig. Marc Wirz, Geschäftsführer der Schweizerischen Amateurliga: «Wir versuchen, bei einem Antrag im Sinn des Sports zu entscheiden.» Das Problem: Im Moment sind zwölf Equipen für die Zentralschweizer Gruppe (dort spielt Zunzgen-Sissach) vorgesehen. Eine ungerade Anzahl Teams wird wenig begrüsst.
4. Der Gang vors Gericht
Der aktuelle Gegner hat es vorgemacht: Obwohl Biel vor einem Jahr gegen Langnau die Ligaqualifikation verlor, klagten die Seeländer ihr Recht auf einen NLA-Platz erfolglos bei einem Schiedsgericht ein. Allerdings behielt sich Biel vor, die Causa im Fall eines neuerlichen, sportlichen Scheiterns an ein Zivilgericht weiterzuziehen. Gemäss Bieler Abklärungen könnte die National League aufgrund des Kartellrechts in Bedrängnis kommen. Die Aussicht auf Erfolg wäre aber gering. Zudem fehlt Basel die Zeit, um ein Urteil abzuwarten. Und Sympathien lassen sich so auch nicht gewinnen.
BaZ hat geschrieben:«Es kann noch alles passieren»
FÜR KEVIN SCHLÄPFER IST DER AUFSTIEG DES EHC BIEL NOCH NICHT GESICHERT
Der Bieler Sportchef kann heute mit seinem Club in die NLA aufsteigen. Doch der 38-jährige Baselbieter warnt davor, den EHC Basel in der Ligaqualifikation frühzeitig abzuschreiben.
interview: remo meister
baz: Kevin Schläpfer, vor Beginn der Ligaqualifikation waren Sie sehr angespannt. Ihre Nervosität dürfte sich mittlerweile gelegt haben.
kevin schläpfer: Nein, ganz und gar nicht. Ich bin nach wie vor sehr nervös, denn wir haben unser Ziel noch nicht erreicht. Es kann immer noch alles passieren, es gibt viele Beispiele aus der Geschichte, die das zeigen. Also begehe ich sicher nicht den Fehler, dass ich mich jetzt schon freue. Das wäre falsch und überheblich.
Aber ein Festzelt hat der EHC Biel sicher schon organisiert, oder?
Vom Club aus ist gar nichts aufgegleist. Wenn es mit dem Aufstieg klappen sollte, muss man hier nicht speziell etwas organisieren – dann wird es ohnehin zu einer grossen spontanen Feier kommen, dass die Bieler Eishalle explodiert.
Sind Sie eigentlich überrascht, wie wenig Gegenwehr vom EHC Basel in dieser Serie kommt?
Im ersten Spiel war ich schon etwas überrascht. Da hat man gemerkt, dass die Basler sehr nervös waren. Nachher lief es bei ihnen aber etwas besser und es war überhaupt nicht so, dass wir einen schlechten Gegner hatten.
Was man von einem NLA-Club ja auch durchaus erwarten darf.
Klar, aber man sollte die guten Leistungen des EHC Biel nicht unterschätzen. Die Mannschaft war gut organisiert und hat sich dem höheren Rhythmus sehr schnell angepasst.
Woran liegt es, dass Biel gegen Basel in der Ligaqualifikation bereits mit 3:0 führt?
Der gute Geist in dieser Mannschaft ist ganz klar sichtbar, jeder Spieler rennt für den anderen, der Zusammenhalt ist riesig. Zudem ist das Team ausgeglichen, jeder Block ist für ein Tor gut. Und die Bieler Spielweise ist nicht so leicht zu durchschauen.
Kann es auch sein, dass sich der EHC Basel zu sicher war, dass ihm in der Ligaqualifikation nichts passieren kann?
Ich habe im Vorfeld der Serie ein paar Aussagen von der Basler Seite gelesen, die ich mutig fand. Für uns hingegen war das eine zusätzliche Motivation.
Sie sind Baselbieter und spielten Mitte der Achtzigerjahre für den EHC. Wie nahe ginge Ihnen ein Abstieg der Basler?
Es täte mir leid, auch wenn ich mit Biel unbedingt aufsteigen will. Es stört mich, dass in Basel alle den Abstieg mit einem Todesstoss gleichsetzen. Denn vielleicht wäre es auch eine Chance für einen neuen Anlauf. Wäre es denn toll gewesen, wenn der EHC eine weitere solche Saison in der NLA verbracht hätte? Ich glaube immer noch dran, dass Basel das Potenzial für eine Hockeystadt hat. Neue Leute müssten im Fall eines Abstiegs mit viel Geduld versuchen, den EHC wieder nach oben zu bringen.
BZ hat geschrieben:Legenden einer anderen Zeit
Noch ein Sieg fehlt dem EHC Biel zur Rückkehr in die Nationalliga A. Ende 70er- und Anfang 80er-Jahre war der Klub bereits einmal eine Macht im Schweizer Eishockey und vor allem das Werk von Mäzen Willy Gassmann.
Manchmal sind Namen mehr als Schall und Rauch. Da waren Steve Latinovich und Bob Lindberg, Urs Lott und Urs Bärtschi, Serge Martel und Richmond Gosselin, Aldo Zenhäusern und Daniel Poulin, Olivier Anken, Noldi Lörtscher, Giovanni Conte, Fredi Lüthi. Und natürlich Köbi Kölliker, Köbi Kölliker und immer wieder Köbi Kölliker, der dem Klub sein Gesicht lieh.
Sie alle waren die Protagonisten, die den EHC Biel in wechselnder personeller Zusammensetzung zwischen 1978 und 1983 zu drei Meistertiteln führten. Das Bieler Eisstadion, eine schmucklose Architektursünde der 70er-Jahre, war die Scala des Schweizer Eishockeys. So hässlich der Bau war, so mitreissend war das Eishockey, das in ihm geboten wurde. Die härtesten Konkurrenten waren Langnau, der SCB und der EHC Arosa, der längst im Amateur-Eishockey versunken ist.
Der Schriftsteller Robert Walser, der Kabarettist Franz Hohler, Bundesrat Moritz Leuenberger – sie alle sind Söhne Biels . Doch Hoffnung gab der Stadt inmitten der Uhrenkrise der 70er-Jahre ein anderer: Willy Gassmann.
Gassmanns Erbe
Der weltgewandte Verleger und Lebemann, der auf Hawaii und den Seychellen ebenso zu Hause war wie in Biel -Bözingen, wurde in der Eishockeyszene als Mann bekannt, der den Erfolg zu kaufen versuchte. Er konzentrierte vorübergehend das Beste, was das Schweizer Eishockey zu bieten hatte, in seinem EHC .
Der schnittige Jaguar und sein auffälliger Pelzmantel, den er bei den Spielen seines Klubs zu tragen pflegte, prägten Gassmanns Bild in der Öffentlichkeit. Wie das Team zog auch er sich vor dem Match in der Kabine um. Er stieg von seiner Geschäftskleidung in die warmen Wintersachen und zeigte sich dabei den Spielern in der langen Unterhose.
Die Autorität des Patriarchen blieb unangetastet. Denn Gassmann vergass bei allem geschäftlichen Erfolg nicht, wer ihm dazu verholfen hatte. Er genoss den Ruf eines volksnahen Arbeitgebers, der sozial angeschlagene Mitarbeiter integrierte und nicht aussortierte. Er beschäftigte Behinderte, noch ehe die Sozialwerke ausgeklügelte Integrationsprogramme lancierten.
Teamreise auf die Bahamas
Und einmal pro Jahr fuhr er mit seiner zweiten Familie, dem Eishockeyklub, für ein paar Tage ins Blaue. Wobei ins Blaue durchaus wörtlich gemeint war und nicht selten auf der anderen Seite eines Ozeans lag. 1981 etwa, nach dem zweiten Meistertitel, verfrachtete Gassmann Team inklusive Trainer, Betreuerstab, Platzspeaker und Billettkontrolleure in ein Flugzeug und zeigte ihnen die Bahamas, Miami und Orlando inklusive Disney World. Er zahlte nicht nur Reise und Unterkunft, sondern drückte jedem Einzelnen der über 30-köpfigen Reisegruppe jeden Morgen 25 Dollar Sackgeld in die Finger.
Gassmann erlebte mit dem EHC Biel zwei Meistertitel und den Abstiegskampf in der Saison 1981/82, in dem sich Biel erst im Entscheidungsspiel auf Kosten des SCB rettete. Den dritten und letzten Titel verfolgte er bereits im Ruhestand.
Mit seinem Rückzug begann der schleichende Zerfall des EHC Biel . Den Abstieg seines Lebenswerks aus der NLA 1995 musste er nicht mehr miterleben. Willy Gassmann ist 1992 gestorben. Nun fehlt dem EHC Biel noch ein Sieg, um dorthin zurückzukehren, wo ihn Gassmann bereits einmal hingebracht hatte.